Die frühere dünenlandschaft der rehberge wurde seit langem als drehort für spielfilme vermutet. In der forschung zur geschichte der rehberge, insbesondere auch in der dekolonialen forschung, war eine auf auf diese landschaft passende, historische filmproduktion bisher jedoch noch nicht ausfindig gemacht worden. Grund dafür könnte gewesen sein, dass viele filme aus der zeit der weimarer republik nicht erhalten sind.
Nach einem aktenfund im lauf unserer forschung lassen sich nun drehtermine der universum film AG (UFA) im oktober 1925 für den bereich zwischen dem heutigen goethepark und dem heutigen volkspark rehberge belegen. Die betreffende quelle enthält unter anderem konstruktionszeichnungen zu einigen filmbauten, einem fahrbaren teil der filmausstattung und zu zwei gerüsten für erhöhte feste kamerapositionen.
Wir konnten nachweisen, dass bei diesen dreharbeiten massenszenen für das kapitel turmbau zu babel in dem film metropolis von Fritz Lang aufgenommen wurden. Neben der übereinstimmung des szenenbildes mit den konstruktionszeichnungen weist auch die unterschrift des filmarchitekten Otto Hunte auf den zeichnungen auf dreharbeiten für den film metropolis hin. Dieser befund stimmt überein mit den autobiografischen schilderungen Erich Kettelhuts, eines weiteren filmarchitekten, der an der produktion beteiligt war.
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Die szene turmbau zu babel in Fritz Langs film metropolis wurde an der siedlung jungfernheide in den rehbergen mit mehreren hundert kahlgeschorenen statisten gedreht.
Das praktikabel mit treppe rechts im bild dient sowohl als kamerapodest als auch als startposition für einige statisten, die von der kameraposition aus hinabsteigen und auf der gegenüberliegenden breiten treppe zusammen mit einer grösseren menge statisten wieder hinaufsteigen.
Vom gegenüberliegenden praktikabel mit der breiten treppe, die links und rechts von zwei pylonen im mesopotamischen stil begrenzt wird, ist hier im bild nur ein teil des schattens und die vorderen stufen zu sehen.
Ausserhalb des linken bildrandes verläuft hinter dem grossen praktikabel die heutige transvaalstrasse. Das grosse praktikabel ist etwa auf höhe der heutigen senegalstrasse aufgebaut. Beide strassen sind bereits mit den kleinhäusern der siedlung jungfernheide bebaut.
Die drei grau erscheinenden, hochformatigen paneele in der bildmitte sind mit blech beschlagen und reflektieren das sonnenlicht auf das grosse praktikabel, das im film mit dem rücklicht der sonne und aufgehellt durch die reflektoren erscheint.
Die kamerabrücke mit flüstertüte (megafon) zwischen dem ersten und zweiten reflektor wird für die aufnahme der drei ströme von kahlköpfigen verwendet, die im film durch mehrfachbelichtung übereinander montiert sind.
Auf der höhe des rechten teils der grossen sicheldüne im bildhintergrund verläuft heute der carl-leid-weg im volkspark rehberge.
Auf der düne weiter links im bild, im bereich der menge der schaulustigen, wurde später das heute noch vorhandene baumrondell angelegt. Vor der stilllegung der schiessplätze in der jungfernheide diente die grosse sicheldüne als kugelfang der schiessbahnen.
Etwa einen monat nach abschluss der dreharbeiten in den rehbergen reicht das büro von Ludwig Mies beim bezirksamt wedding den bauantrag für die wohnanlage an der afrikanischen strasse ein.
Die ortsbestimmung dieses fotos von Horst von Harbou ergibt sich aus Harbous übrigen aufnahmen der dreharbeiten in den rehbergen.
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Die szene turmbau zu babel in Fritz Langs film metropolis wurde an der siedlung jungfernheide in den rehbergen mit mehreren hundert kahlgeschorenen statisten gedreht.
Rechts auf der kamerabrücke gibt Fritz Lang regieanweisungen mit der flüstertüte (megafon).
Die kamera steht über dem mittleren ständerwerk der kamerabrücke und ist teilweise verdeckt von zwei knieenden menschen, die die kamera bedienen.
Die szene wird gegen die grosse sicheldüne als hintergrund gedreht, auf der heute der carl-leid-weg im volkspark rehberge verläuft.
Rechts ausserhalb des bildrandes an der transvaalstrasse ist das grosse praktikabel mit freitreppe und zwei pylonen im mesopotamischen stil aufgebaut.
Die ortsbestimmung dieses fotos von Horst von Harbou ergibt sich aus Harbous übrigen aufnahmen der dreharbeiten in den rehbergen.
Die dreharbeiten in den rehbergen waren in der filmgeschichtlichen forschung zu metropolis seit jahrzehnten bekannt, jedoch war bisher der konkrete drehort nicht rekonstruiert worden.
Im grundsatz sind für die forschung zu siedlung jungfernheide und wohnanlage an der afrikanischen strasse solche filmszenen deshalb von interesse, weil ein teil von ihnen das landschaftsbild zur bauzeit zeigen kann. Darüber hinaus stehen filmszenen, wenn sie von exotismus geprägt sind, in einem kolonialen zusammenhang, gerade auch deshalb, weil sie in der dünenlandschaft eines kolonialviertels gedreht wurden (mehr dazu unter dem thema kolonial-geschichte).
Im fall des kapitels turmbau zu babel aus metropolis erweist sich jedoch, dass es gerade nicht die dünenlandschaft war, die die dreharbeiten der UFA in die rehberge brachte, denn das landschaftsbild der rehberge ist im film nicht konkret erkennbar.
Deshalb stellt sich die frage, ob Fritz Lang wegen der komparsen für die massenszenen in den wedding gekommen ist? Da der film metropolis mehrere massenszenen enthält, folgt aus der ersten frage als weitere frage, ob es eigenschaften gibt, die die komparsen im kapitel turmbau zu babel von den komparsen der übrigen massenszenen in metropolis unterscheiden?
Auch die vergleichende betrachtung der filmarchitektur für das kapitel turmbau zu babel und Ludwig Mies‘ entwurf für ein monumentales bismarck-denkmal in bingen lohnt, denn beide verwenden den gleichen architektonischen code: Jeweils zwei mesopotamische pylonen in symmetrischer anordnung, zwischen denen eine freitreppe aufgespannt ist.
Zur drehzeit im oktober 1925 stand bereits seit rund 15 jahren das auch heute noch vorhandene eckhaus afrikanische strasse / transvaalstrasse. Die bauphase 1 der siedlung jungfernheide war seit drei jahren durch die hyperinflation im deutschen reich beendet; seit einigen monaten lief nach dem ende der hyperinflation die bauphase 2 der siedlung.
Rund einen monat nach den dreharbeiten der UFA reichte das büro von Ludwig Mies am 16. november 1925 beim bezirksamt wedding die unterlagen zur errichtung der wohnanlage an der afrikanischen strasse ein. Das städtische grundstück für die wohnanlage war bis dahin als ackerland genutzt worden.