Im april 2024 ändern wir den namen des forschungsprojektes in ›forschungsprojekt siedlung jungfernheide berlin‹ und legen den bisherigen namen ›forschungsprojekt mies van der rohe siedlung berlin‹ ab.
Diese gründe haben uns dazu bewogen:
1 —
Am schwersten wiegen die vielfachen verstrickungen des architekten Ludwig Mies in koloniale, nationalsozialistische und rassistische kontexte.
Jüngste forschungsergebnisse zeigen, dass Mies nicht nur bis zu seiner emigration ende 1938 mit dem naziregime verstrickt war, sondern über die emigration hinaus bis zur befreiung vom naziregime im mai 1945.
Wenig beachtet wird darüber hinaus in der deutschsprachigen debatte Mies‘ beteiligung an rassistischen stadtplanungen in den vereinigen staaten, die das erklärte ziel hatten, nachbarschaften von people of color zu vertreiben.
2 —
Durch die änderung des projektnamens können wir auf die verwendung des irreführenden personennamen-zusatzes ›van der Rohe‹ verzichten, den Ludwig Mies in der ersten hälfte der 1920er jahre aus werblichen gründen sich beilegte.
Mies setzte den zusatz zusammen aus dem familiennamen seiner aus belgien stammenden mutter Amalie Rohe (1843–1928) und dem frei erfundenen adelsprädikat ›van der‹.
Obwohl Ludwig Mies bekanntermassen nicht adlig war, verfehlt sein erfundenes adelsprädikat bis heute die soziale wirkung nicht, für die Mies es sich zulegte. Damit steht es einer realistischen vermittlung der rolle Ludwig Mies‘ im weg und erschwert die erreichung des ziels kultureller demokratie.
3 —
Uns ist wichtig, unser forschungsprojekt von anderen einrichtungen mit ähnlichem namen abzusetzen, die seit jahrzehnten im interesse kommunaler tourismus- und wirtschaftsförderung und des sozialen prestiges die historisch-kritische vermittlung der rolle Ludwig Mies‘ und seiner verstrickungen mit kolonialen, nationalsozialistischen und rassistischen kontexten unterlassen und die im ergebnis die von ihnen genutzten baudenkmale als ›ludwig-mies-weihestätten‹ darbieten.
Diese praxis der denkmalvermittlung hat ausgespielt, weil sie eine kultur der empathielosigkeit zu retten versucht gegenüber denjenigen, auf deren kosten Ludwig Mies und andere akteur·innen der weimarer moderne karriere gemacht haben, und weil sie um jahrzehnte hinter dem stand der forschung zurück liegt.
Wer dekorateure nationalsozialistischer gewalt wie Ludwig Mies zum zweck der tourismus- und wirtschaftsförderung einspannt, überschreitet unausbleiblich die grenze zur geschichtsklitterung und verhöhnt diejenigen, auf deren kosten sie karriere gemacht haben.
4 —
Wir wollen mit der namensänderung besser berücksichtigen, dass wir über die gestaltung der wohnanlage an der afrikanischen strasse hinaus auch das städtebauliche, naturräumliche und gesellschaftliche umfeld erforschen, dokumentieren und vermitteln.
Die wohnanlage an der afrikanischen strasse von Ludwig Mies war von anfang als ergänzung der siedlung jungfernheide von Hermann Dernburg geplant, unter den veränderten vorzeichen der seinerzeit neuen planungen zur anlage und zur entwicklung des volksparks jungfernheide.
— JP